about art
: EINFLUSS :
Meine Arbeit ist beeinflußt von zeitgenössischen Feminist*innen und dem Zeitgeist der Jugend- und Genderkultur. Geprägt durch meine eigene autobiografische Geschichte empfinde ich es als unerlässlich das Augenmerk auf unterdrückende und missverhaltende Strukturen in der Gesellschaft zu lenken. Es erfordert Mut, Kraft und Wille aus eingefahrenen Mustern auszubrechen und Blickwinkel neu zu justieren.
Geprägt von patriarchalen Strukturen, in der die Hälfte der Bevölkerung immer noch betroffen ist, direkt oder indirekt, danke ich feministischen Stimmen von Autor*Innen wie Sibylle Berg, Margarete Stokowski, Mary Wollstonecraft, Chimamanda Ngozi Adichie, Florence Given, Kim de L‘Horizon, Miranda Fricker, die mich in meiner Arbeit begleiten. Einmal die feministische Brille aufgesetzt ist es nicht mehr leicht über bestehendes Unrecht und Diskriminierung hinwegzusehen. Auch in unserer gelebten und gelehrten Kultur sind Unterdrückung, Rassismus und Sexismus leider noch gängig und viel zu oft selbstverständlich. Unsere traditionellen Denk- und Handelsweisen sind geprägt durch unzählige namhafte männlichen weiße Persönlichkeiten, auch in der Kunstwelt. So sind, oft auch unwissentlich, gängige übergriffige Methoden und fragwürdige Handlungen in die Geschichte unserer Kultur aufgenommen worden, ohne ausreichende Aufklärung, Aufarbeitung und Veränderung. Es ist mühsam und nicht die alleinige Aufgabe einzelner Personen dagegen anzukämpfen, sondern es ist eine politische Aufgabe die gesellschaftlichen Machtstrukturen gerechter zu ordnen. Als Gesellschaft tragen wir Verantwortung Privilegien zu erkennen um zu verändern. Ein Leben mit Vorurteilen, Stigmata und Scham hat niemand verdient.
Der Grundgedanke und Antrieb meiner Arbeit ist Unsichtbares sichtbar zu machen.
Formloses erhält Halt durch einen greifbaren Ausdruck. Das können ein Bild, eine Geschichte, Worte, Töne, Dinge oder eine andere Sinnform sein. Emotionen und die Psyche in ihrer Gesamtheit – des Fühlens, Empfindens und Denkens – versuche ich durch meine Arbeit in eine neue Gestaltungsform zu übersetzen und hauche so dem Kunstwerk ein Seelenleben in einer anderen Form ein. Die betrachtende Person wird konfrontiert. Die Resonanz jeder Person wird durch die eigene Erwartungshaltung, Anspruch und Prägung hervorgerufen. Ich möchte inspirieren.
Die Kunst hat eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. In ihrer ursprünglichsten Form ist sie eine spielerische Stimme für Dinge, die verschwiegen oder nicht offen ausgesprochen werden können, eine Trägerin von Emotionen und Verborgenem. Sie verleiht dem Unsichtbaren durch ihre unterschiedlichsten Ausdrucksformen eine Wahrheit, eine Berichtigungsform und eine Realität. Das macht sie zu einem Spiegelbild unserer Zeit. Eine Erzählerin. Aufgeladen. Hoffnungsvoll. Spannend. Liebend. Ausgeleiert. Langweilig. Ungerecht. Ernüchternd. Beschämend. Zerstörend. We need her to survive.
: GESCHICHTE :
Wir ordnen, erzählen, erklären und unterhalten mit Geschichten. Wir lehren in Geschichte. Es gibt einen Anfang, einen Höhepunkt und ein Ende. Es ist eine nachhaltige Überlebensstrategie. Durch Akzeptanz, Interpretation oder das Verrücken von Dingen, Verhaltensweisen, Ansichten und Emotionen erschaffen wir uns unseren eigenen Platz in der Geschichte. Unsere Identität formt sich mit dem Narrativ. Jede Geschichte braucht eine Form und jeder Körper, jede Masse erzählt ein Narrativ. Aber was passiert, wenn einer Einzelperson, Minderheiten oder ganzen Gesellschaften ihre Identität verloren geht oder abgesprochen wird? Was ist Identität und wie oder wodurch wird sie verändert? Was passiert, wenn nichts mehr oder nur noch Bruchstücke, sogenannte Fragmente, übrig bleiben? Ab welchem Punkt wiederholt sich Geschichte und in welcher Form?
: SYSTEM :
Es ist wichtig zu erkennen, wer oder was Geschichte erzählt. Wo befinde ich mich, während Geschichte in mein System eindringt? Filtere ich oder wie und warum wurde bereits gefiltert? Es wirft die Frage von Vertrauen und Manipulation auf. Das vertraute Gesicht kann manipulieren und Manipulation spiegelt das vertrauensvollste Gesicht. Bewusste und unbewusste Systeme und Verhaltensweisen steuern unser Leben.
Systeme und Geflechte sind Verknüpfungen und Verbindungen auf unterschiedlichsten Ebenen. Selbst unser Jetzt ist verwoben aus Fakten, Wahrheiten, Lügen, Unausgesprochenem, Verdrängtem, Adaptiertem und Integriertem. Der Fokus eines Systems liegt in der Zukunft und dem Weiterbestehen. Es wird so am Laufen gehalten. Durch das Einwirken überwältigender Ereignisse innerhalb dieser Struktur ist es möglich, dass Risse entstehen. Das zentral organisierende Prinzip kann keine Signale oder Updates durch fehlerhafte oder kaputte Wege übermitteln. So entstehen gefangene Zeitbomben, die jederzeit ungefragt in Wiederholung, in kleinen oder großen Abständen, Löcher in unser System reißen. Es braucht Mut und Vertrauen sich auf neue und ungewohnte Verbindungen einzulassen. Das wiederum kann einen Perspektivwechsel und eine Kontextveränderung hervorrufen. Es geht letztendlich um Gleichgewicht und um den eingenommen Platz der verschiedenen Anteile. Wer und was hat welchen Platz und nimmt welchen Raum ein?
„Man kann ein Problem nicht mit der Denkweise lösen, durch das es entstanden ist.“
Albert Einstein
: FRAGMENTE :
Fragmente sind Erinnerungsfetzen, versteckte oder wiederentdeckte Bruchstücke, vereiste Anteile, entzweite Gesellschaften, fragmentierte Nerven. Sie generieren auf Dauer instabile Systeme. Welche Realität und Wahrheit (er)leben wir? Woraus besteht der Inhalt? Für welche Anteile übernimmt wer Verantwortung? Welche Fragmente möchte ich beleuchten und was passiert, wenn lang Vergrabenes ans Tageslicht gelangt? Absenz z. B. bedeutet nicht, dass es nicht vorhanden ist, es wirkt nur ohne Bewusstsein. Es ist ein Puzzle aus neuen und alten Steinen. Um ein neues Bild oder einen neuen Impuls zu erschaffen brauche ich den Mut Steine zu verrücken und zu verändern. Die gelebte Integration von Geschichte impliziert gesunden Nährboden, auf dem Leben, Kraft und Intuition gedeihen.
: METAMORPHOSE :
Metamorphose ist Verwandlung, ein Übertritt von einem Zustand in einen anderen. Es ist ein Mutationsprozess, ein Prozess von (Aus-)Geburten und kleinen Toden. Metamorphose drückt eine labile Welt aus Flux und Veränderung aus, eingebettet in Geschichte. Es ist ein Prozess, dem Umgestaltung, Wachstum und Entwicklung zugrunde liegen.
Impliziert sich in der Metamorphose das wahre unmaskierte Selbst?
Was passiert bei der Überschreitung der Grenze von einer Form in die nächste?
: IDENTITÄT :
Woraus setzt sich Identität zusammen?
Erforschen wir Identität erst, wenn sie bedroht wird?
Wie viele und welche Anteile brauche ich sicher für meine Identität?